Donnerstag, 2. Januar 2020

Mutmaßungen über die Ursprünge (1610-1779)

Auch um dem mörderischen Rassenwahn der Nazis entgegenzuwirken, sei die Hypothese einer Abstammung der Posener Kaempfers jüdischen Glaubens vom evangelischen Pastor Johannes Kemper (1610-1682) erwähnt, dessen Sohn aus erster Ehe (1) der einstmals berühmte Forscher und Reisende Engelbert Kaempfer (1651-1716) war. Nach Gerhard Petzold, einem Cousin meines Vaters Wolfgang Kaempfer, der seine durchaus ernstzunehmenden Recherchen über die Familie in einem elf Seiten langen Bericht festgehalten hat (GPK), stammen die Posener Kaempfers von einem Sohn aus zweiter Ehe (2) dieses Lemgoer Pastors ab. Nun wird aber der von Gerhard als „unser Ahnherr“ vorgestellte jüngere Halbbruder Engelberts in seinem Bericht Christian genannt, obwohl es unter den der Engelbert-Kaempfer-Forschung (3) bekannten Söhnen Johannes Kempers weder einen Christian noch seinen ebenfalls in Gerhards Bericht erwähnten Bruder Ulrich gibt. Ich zitiere (4):

„Der älteste bekannte Ahn der Familie ist der Magister Johannes Kaempfer (nd. Kemper), der 1610 geboren wurde und bis 1680 als Pastor und Euphorus des Gymnasiums das Predigeramt an der Kirche St. Nicolai in Lemgo ausübte. In erster Ehe war er mit der Tochter seines Amtsvorgängers, Christina Drepper, verheiratet und hatte aus dieser Ehe 3 Kinder. Der älteste Sohn Joachim studierte die Rechte und war später u.a. Bürgermeister in Lemgo und darauf Syndicus zu Goslar, wo er 1710 starb. Der zweite Sohn war der berühmte Forschungsreisende Engelbert Kaempfer, 1651-1716. Er starb ohne Nachkommen. Von dem 3. Kind, einer Tochter, ist nichts Näheres bekannt (5).
    Nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete Johannes Kaempfer in zweiter Ehe Adelheid Pöppelmann aus Herford, unsere Stammmutter, mit der er in glücklicher Ehe lebte und sechs gesunde Kinder hatte (6). Übrigens soll das Verhältnis der Stiefgeschwister ebenso gut gewesen sein, wie das Verhältnis der Adelheid Pöppelmann zu den Kindern aus der ersten Ehe ihres Mannes. So nahm z. B. Engelbert den 8 Jahre jüngeren Bruder Andreas, der der Erstgeborene der zweiten Ehe war, 1681 mit nach Polen und Schweden, wo er von früheren Reisen Freunde hatte (7). Andreas hatte wegen der schlechten Finanzlage der Familie das Studium in Jena abbrechen müssen. Durch Vermittlung von Engelbert konnte er es in Schweden beenden. Er wurde ein bedeutender Hebraist und starb 1743 in Billertshausen. (8)
   Johannes Kemper hatte Anfang der [16]70er Jahre ein kleines Bauerngut, den Steinhof in Lieme bei Lemgo gekauft. 1680 siedelte er nach seinem Ausscheiden aus dem Amt hierhin über.

   Auf dem Steinhof lebte die Familie in sehr bescheidenen Verhältnissen. Zwar konnte der zweite Sohn Johann (9) noch sein Jurastudium beenden (10), doch dann waren die Mittel der Familie erschöpft, sodass die vier weiteren Kinder (11) eine besondere Ausbildung nicht erhalten konnten (12). Die beiden Mädchen blieben lange in der Familie, da sie keine besondere Mitgift hatten. Maria Magdalena heiratete dann den Buchdrucker Maier in Lemgo und 1711 vermählte sich die jüngste Anna Katharina mit dem Rektor Maier [sic] ebenfalls aus Lemgo. Die beiden Söhne, Ulrich und Christian, letzterer unser Ahnherr, mussten den Hof bearbeiten. Als der Hof nicht mehr genug abwarf, um alle zu ernähren musste er verpachtet werden (13). Die beiden Brüder entschlossen sich auszuwandern und gingen durch Vermittlung der älteren Brüder nach Schweden.
    Der 1665 geborene Christian gelangte in den Teil Pommerns, der seinerzeit zu Schweden gehörte. Er lebte in einer nahe Stralsund gelegenen Ortschaft Velgast, wo er als Verwalter arbeitete, bis er die Gelegenheit hatte, durch Heirat mit Anna Maria Kotmann(s) 1689 dort einen eigenen Hof zu betreiben. Aus dieser Ehe ging nur ein Sohn namens Johann(es) hervor (geb. 1694) (14), der um 1730 von den Eltern den Hof übernahm. Durch Heirat mit einer Nachbarin, Amalie Kolbe (oder Korte), arrondierte er seinen Hof. Diese Ehe war mit 7 Kindern gesegnet, die zumeist in der Gegend geblieben sind. Die älteste Tochter heiratete einen Schuhmacher in Stralsund, mit deren Abkömmlingen unsere Vorfahren dem Vernehmen nach über 3 Generationen den Kontakt hielten. Da zwei Schwestern heirateten und eine auf dem Hof verblieb, war für zwei Brüder nur die Möglichkeit sich auswärts zu verdingen. Unser Ahn, der 1744 geborene Adolf zog von schwedisch Pommern, durch günstige Bedingungen vom preussischen Staat angelockt, 1775 oder 1776 in das Gebiet, das ehemals polnisch 1772 an Preussen gefallen war und möglichst deutsch besiedelt werden sollte (15).
    Offenbar war Adolf kein begeisterter Landwirt, er beschäftigte sich viel mit geistigen Dingen, war ausgesprochener Monotheist (Ablehnung d. Marien- u. Jesuskultes), Arianer [hier] und trat - wie seine Enkel erzählten - letztlich angeregt durch Lessings Nathan der Weise 1779 zum Judentum über (16). Rückschauend ist nicht ganz sicher, ob diese edle Version ganz oder nur teilweise der Wahrheit entspricht [!]. Unsere amerikanischen Verwandten, die ebenfalls von ihm abstammten und die Familienhistorie mehr pflegten als das braunschweigische Haus der Kaempfers, meinten jedenfalls, dass nicht zuletzt die Heirat mit der sehr schönen und mit guter Mitgift ausgestatteten Sarah Wendel ihn zum Religionswechsel animierte. Mit Hilfe der Mitgift gründete er in Wreschen bei Posen eine Tuch- und Spezereiwarenhandlung, der auch eine Fuhrhalterei angeschlossen war.
   Die unruhigen Zeiten, die Niederlage Preussens, die französischen Feldzüge mit den zahlreichen Requisitionen und auch die lange Kontinentalsperre brachten die Geschäfte weitgehend zum Erliegen, sodass finanzielle Sorgen die Familie belasteten. So musste die Fuhrhalterei gänzlich aufgegeben werden, da alles Pferdematerial von den Franzosen fortgeführt wurde. Hierüber hat der Urgroßvater Jacob, der 1786 geboren war, seinen Kindern und Enkelkindern (17) oft erzählt. 1813 trat Jacob als Freiwilliger in die Westpreussische Landwehr ein und hat die Freiheitskriege mit Auszeichnung mitgemacht. 1815 kehrte er in das Zivilleben zurück. Er betätigte sich wie sein Vater als Tuchhändler und heiratete 1816 Henriette Loewe. Offenbar war die Geschäftsentwicklung in der häufig durch Unruhen erschütterten Grenzregion recht schlecht, sodass sich nur ein bescheidener Wohlstand entwickeln konnte. So bekam der am 2.4.1820 geborene Kohn zwar eine Gymnasialausbildung, konnte jedoch nicht studieren, wie er es sich gewünscht hätte, sondern musste trotz vieler geistiger Interessen und guter Geistesgabe in das väterliche Geschäft eintreten, das er dann bis zu seinem Tode 1902 in Posen unterhielt (18).
    Unorthodox und fortschrittlich heiratete er eine aus einer evangelischen Bauernfamilie stammende Jugendfreundin, Emilie Lachmann (19), mit der er 7 Kinder, 6 Söhne und 1 Tochter, hatte. Unser Großvater David war das jüngste Kind und wurde 1859 geboren. In den Jahren 1875 bis 1890 wanderten alle Kinder nach den USA aus, wo es alle zu mehr oder weniger Wohlstand gebracht haben (20). Lediglich unser Großvater David blieb in Deutschland, und konnte studieren und promovieren, da das Geschäft des Vaters im Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegsjahre nach 1871 besser ging, sodass das Studium bezahlt werden konnte.“

Wie man sieht, hängt die mögliche Verwandtschaft der Posener mit den Lemgoer Kaempfers in hohem Maße von der Existenz des laut GPK 1665 geborenen „Christian“ ab. – Warum aber dieser Vorname? Gerhard hat ihn bestimmt nicht erfunden. Auch verfasste er seinen Bericht nach Ende der Nazizeit: Es ging also nicht (mehr) um den berüchtigten „Ariernachweis“ (21), bei dessen Erstellung eine gelungene Fälschung lebensrettend war. Auch scheint es mir nicht seine Art gewesen zu sein, ungeprüfte Daten einfach zu übernehmen, hatte er doch bei seinen Geschäftsreisen in die USA darauf bestanden, dort ansässige und anscheinend gut informierte Verwandte zu treffen, was für seinen Hang zur persönlichen Recherche spricht. Nun ist es natürlich nicht auszuschließen, dass dieser amerikanische Zweig der Familie die Legende einer Lemgoer Abstammung erfunden und verbreitet hat.

Wie folgender Eintrag Des Neuen Gelehrten Europa (Wolfenbüttel 1759) zeigt, sind die beiden Brüder (Peter) Christian (*13.11.1702) und Ulrich (Jakob) Kaempfer weder Bauern, noch Söhne aus 2. Ehe des Lemgoer Pastors Johannes Kemper, zumal der Engelbert-Kaempfer-Spezialist Wolfgang Michel diese beiden Vornamen (Christian und Ulrich) nicht kennt und auch eine Recherche über „Christian Kaempfer“ in Stralsund keine Früchte trug. Hinzu kommt, wie man gleich lesen wird, dass dieser Gelehrte keine männlichen Nachfahren hatte:



Zum Vergleich die von Prof. Wolfgang Michel erstellte Tafel zu Engelbert Kaempfer:


Sollte in der Tat eine Verbindung zwischen den Lemgoer und Posener Kaempfers bestehen, so wäre das "missing link" zwischen einem der Söhne des Johannes Kemper und dem 1744 geborenen Adolf Phillip Kaempfer, bzw. dessen Vater Johann(es) Kaempfer vielleicht in der Gegend um Wismar, Rostock und Stralsund (Velgast) zu suchen. Wenn man die Vornamen Christian und Ulrich als irreführend beiseite lässt, sind folgende Überlegungen möglich, gesetzt dass alle angeführten Geburts- und Sterbedaten stimmen:
  • Joachims Sohn Johann Hermann (1691-1736) kommt somit weder als Vater noch als Großvater von Adolph Philipp in Betracht.
  • Aus der Ehe des zweitgeborenen Johann Kaempfer (ca. 1648-1703) mit E.T. Mittmeier v. Plagotitz (oder Mittmayer v. Plagoritz) sind keine Nachkommen bekannt. Das Fragezeichen auf der obigen Tafel gibt jedoch Anlass zu Spekulationen, da der laut GPK 1689 oder 1694 geborene Johann(es) Kaempfer im Prinzip ein Sohn dieser Ehe sein könnte.
  • Alle drei aus der 2. Ehe des Johannes Kemper mit Adelheid Pöppelmann stammenden Söhne könnten theoretisch die Väter von Johann(es) Kaempfer und Großväter von Adolph Phillip gewesen sein. Ich lese [hier], dass der erstgeborene Andreas (auch Kempffer geschrieben) am 16. Juni 1691 Dorothea Maria Neurath heiratete und mit ihr 12 [!] Kinder, darunter 5 Söhne hatte: Constantinus (*1692 Gießen), Johann Jonathan (*1700 Gießen †1705 Billertshausen), Johann Georg (*1702 Billertshausen †1779 Wetzlar), Johann Henrich (*1704 Billertshausen) und Ludovicus oder Ludwig (*1714 Billertshausen †1725 Alsfeld). Nur die Heirat 1738 in Gießen von "Rektor" Johann Georg und Anna Eleonora Frank ist verzeichnet. Kinder dieser Ehe werden keine genannt. Auch ist es ungewiss, ob einer der anderen Söhne von Andreas und Dorothea Maria überhaupt das Erwachsenenalter erreicht hat. Und Johann Georg scheint sein ganzes Leben in der Gegend von Billertshausen, Gießen und Wetzlar verbracht zu haben.
  • Bleiben die beiden letzten Söhne Johann Henrich und Johann Daniel, deren Geburt (zwischen 1660 und 1665, bzw. 1662 und 1667) mit der des in GPK "Christian" genannten (*1665) in etwa übereinstimmt [siehe Anm. 12]. Über sie habe ich [hier] und [dort] folgende, zu überprüfende Informationen gefunden:
  • Johann Henrich (auch Johann Heinrich Kempfer geschrieben), geboren ca. 1661 in Lemgo, verstorben am 2. April 1717 in Stavanger (22), wo er "Medicus" war, heiratete am 3. Mai 1693 Elisabeth Pfeiff. Wenn die Geburt von Johann(es) auf 1694 und nicht 1689 angesetzt wird, ist die Vaterschaft von Johann Henrich nicht auszuschließen.
  • Johann Daniel, geboren ca. 1665 in Lemgo, dort als Bierbrauer tätig und am 29.12.1709 verstorben, heiratet am 22. Dezember 1704 Anna Elisabetha Limberg (ca 1655-1725) und kann somit unmöglich der Vater von Johann(es) gewesen sein.
  • Daraus folgt, dass neben einem Sohn des Pfarrers und Theologen Andreas Kaempfer (oder Kempffer) nur der "Berghauptmann" Johann (der nach der angegebenen Quelle am 27. April 1703 in Goldkronach / Röhrenhof nahe Bayreuth gestorben ist) oder der "Medicus" Johann Henrich  (*~1661) als Ahnen der Posener Kaempfers infrage kommen. Wenn nun Gerhard Petzolds Behauptung, dass "Adelheid Pöppelmann aus Herford unsere Stammmutter" ist, der Wahrheit entsprechen soll, dann müssten wir auch den aus der Ehe mit Christina Drepper stammenden Johann (*~1648) ausschließen.
Unabhängig von dieser ungewissen Lemgoer Abstammung scheint allerdings die auf Familienberichten basierende Annahme von GPK eher wahrscheinlich, derzufolge Adolph Phillip Kaempfer wohl im Zuge der 1. Polnischen Teilung (1772) von „Schwedisch-Pommern“ (das damals die Städte Stralsund, Greifswald und Wismar umfasste) nach Posen übergesiedelt und dort durch Heirat zum Judentum übergetreten ist, wenn auch diese mündliche, oder auf nicht mehr verfügbaren Dokumenten beruhende Überlieferung noch durch Urkunden bestätigt werden müsste.

Die Frage nach dem „Bindeglied“ zwischen den Lemgoer und Posener Kaempfers muss also hier offen bleiben, zumal ich bei meinen Recherchen schon im 17. und 18. Jahrhundert  (23) auf eine wahre „Unzahl“ von Trägern dieses Namens gestoßen bin: Neben den Preußisch-Polnischen Provinzen (Posen, Breslau, Oppeln) (24), fand ich beispielsweise entfernte Verwandte oder alteingesessene Namensvetter in mehreren Gegenden der USA und New York, sowie in Südamerika (Chile), in der Schweiz (Walterswil, Kanton Bern), Westfalen (Netphen) und natürlich Berlin (25).


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Anmerkungen


(1) Um 1644 mit Christine Drepper (ca. 1612-1654
(2) Um 1655 mit Adelheid Pöppelmann (1637-1731)
(3) Wie zum Beispiel bei Prof. Wolfgang Michel, einem anerkannten Spezialisten Engelbert Kaempfers. Siehe weiter unten, oder: http://wolfgangmichel.web.fc2.com/serv/ek/family.html
(4) Gerhard Petzold: Der Ursprung der Familie Kaempfer, unveröffentlicht, 11 S. und eine Ahnentafel (Abk.: GPK)
(5) Laut Wolfgang Michel sollen drei Söhne aus der 1. Ehe des Johannes Kemper hervorgegangen sein (siehe Anm. 3)
(6) Auch hier weicht der Bericht von der offiziellen Version ab, derzufolge aus dieser 2. Ehe nur fünf Kinder, zwei Mädchen und drei Jungs, das Erwachsenenalter erreichten.
(7) Engelbert hatte in Thorn, Krakau und Königsberg Philosophie und Medizin studiert. Wie ich seiner Biographie entnehme, reiste er 1681 zum ersten Mal nach Schweden, um an der Akademie in Uppsala sein Studium fortzusetzen. Die eigentlichen Reisen, die in verschiedenen, posthum veröffentlichten und von der damaligen Gelehrtenwelt geschätzten Werken geschildert werden, begannen im Jahr 1683 und führten ihn schließlich ins ferne Japan, wo er sich zwischen 1690 und 1692 aufhielt. 1694 kehrte er heim und bewohnte das väterliche Gut, den Steinhof in Lieme bei Lemgo (siehe GPK, weiter unten).
(8) Unter „Kämpfer, Andreas“ erzählt die Allgemeine Deutsche Biographie (ADB, Bd. 15/56, Leipzig, 1882) eine etwas andere Geschichte: „Da die beiden älteren Söhne [sc.: Joachim und Engelbert] dem Vater viel Geld gekostet hatten, so trug er Bedenken, auch Andreas für einen gelehrten Beruf zu bestimmen. Daher war dessen Vorbildung eine sehr mangelhafte, als er 1676 oder 1677 dennoch die Erlaubniß erhielt, Joachim auf die Universität Jena zu begleiten. Hier suchte er mit Eifer die Lücken seines Wissens auszufüllen und wandte sein Hauptinteresse schon damals unter Daniel Weimar und Johann Frischmuth (s. d. Art.) dem Studium der hebräischen Sprache zu. Leider mußte er in Folge seiner Mittellosigkeit schon nach zwei Jahren in das elterliche Haus zurückkehren, verließ dieses aber auf Betrieb und im Geleite Engelberts im October 1680, zunächst in der Absicht, mit diesem nach Königsberg sich zu begeben. Indessen trennten sich die Brüder in Lübeck und K. wandte sich nach Schweden. In Stockholm gerieth er anfangs in so schwere ökonomische Bedrängniß, daß er bereits entschlossen war Soldat zu werden, als er Gelegenheit fand theils als Hauslehrer, theils durch Unterricht junger Schweden in der dort damals besonders beliebten französischen, junger Engländer in der deutschen, Anderer in der hebräischen Sprache sich seinen nothdürftigen Unterhalt zu erwerben. Besser ging es ihm in Upsala, wo er sich länger aufhielt und die Erlaubniß erhielt, „die deutsche Sprache zu profitiren“, auch seinen hebräischen Unterricht fleißig fortsetzte, während er zugleich von Gustav Peringer in die arabische Sprache eingeführt wurde.“ Siehe: http://www.deutsche-biographie.de
(9) Alle drei von Wolfgang Michel genannten Söhne aus der 2. Ehe mit Adelheid Pöppelmann (s.o.) hießen ebenfalls Johann: Es sind der schon erwähnte, älteste Sohn (Johann) Andreas (1658-1743), der zweite Sohn „Johann Henrich (1660/65-1717)“ und schließlich „Johann Daniel (1662/67-1709)“. Die beiden Töchter waren Maria Magdalena (1669-1711) und Anna Catharina (1673-1749), die auch unter diesen beiden Namen in GPK vorkommen.
(10) Der älteste, aus der 1. Ehe mit Christine Drepper stammende Sohn Joachim (1646-1706) war studierter Jurist. Ein zweiter Sohn hieß ebenfalls Johann (~1648-1703) und wird bei W. Michel als „Berghauptmann“ oder „Capitain“ vorgestellt. Der 1651 geborene Engelbert war demnach der jüngste Sohn dieser Ehe. Keines seiner drei Kinder mit der viel jüngeren, um 1700 geehelichten Marie Sophie Wilstach erreichte das Erwachsenenalter. – Es scheint außer Zweifel, dass in GPK eine Verwechslung vorliegt.
(11) Was die 2. Ehe des Johannes Kemper betrifft, bleibt GPK also bei den 2 (schon genannten) + 4 („weiteren“) = 6 „gesunden Kindern“.
(12) Man vergleiche dies mit dem zitierten Passus aus der ADB: Daraus erhellt, dass aus materiellen Gründen nur Joachim und Engelbert das Studium abschließen konnten. Also müssten entweder die beiden jüngeren, als Johann Henrich und Johann Daniel bekannten Brüder von Andreas mit den in GPK Ulrich und Christian genannten letztgeborenen Söhnen von Johannes Kemper identisch sein, oder die in Gerhards – teils erstaunlich gut informiertem – Bericht vertretene Hypothese einer Abstammung der Posener von den Lemgoer Kaempfers könnte so nicht aufrecht erhalten werden.
(13) Wie weiter oben schon angedeutet wurde, übernahm ihn Engelbert ab 1694.
(14) Der von Gerhard erstellte Stammbaum [siehe den Abschnitt "Ariernachweis" im Eintrag Fazit 2020] nennt ein anderes Geburtsdatum:  1689 anstatt 1694.
(15) Ich lese [hier]: "Bei der Ersten Teilung Polens 1772 annektierte Preußen neben Westpreußen auch den Norden Großpolens entlang der Netze, bildete hier den Netzedistrikt und förderte die Besiedlung. Im Zuge der Zweiten Teilung 1793 kam der Rest Großpolens hinzu, woraus die Provinz Südpreußen entstand. Preußen musste die Provinz nach seiner Niederlage im Krieg mit Frankreich im Frieden von Tilsit 1807 an das neugegründete Herzogtum Warschau abtreten. - Nach dem Zusammenbruch der napoleonischen Vorherrschaft erhielt Preußen auf dem Wiener Kongress 1815 einen Teil Großpolens als Großherzogtum Posen wieder zurück und bildete 1848 daraus die Provinz Posen."
(16) Das Stück wurde 1779 - also im Jahr der Heirat mit Sarah - veröffentlicht und erst am 14. April 1783 in Berlin uraufgeführt [hier]. Dass das Buch bei Erscheinen schon in Posen verfügbar war, gelesen wurde und dann im gleichen Jahr zum Übertritt anregte, ist kaum nachvollziehbar. Ich sehe hier eine dieser Familienlegenden, die auf ihre unterschwellige Intentionalität zu befragen wäre. Wie seine weiteren Ausführungen zeigen, bezweifelt auch Gerhard die "Erzählung" der "Enkel".
(17) Demnach hatte Jacob also mehrere Kinder mit Henriette, was ein Indiz für eine direkte Verwandtschaft der Wreschener Kaempfers ist. Neben Cohn (*1821) dürfte auch Louis, der Vater von den in die USA ausgewanderten Jacob (*1845) und Max (*1848), ein Sohn dieser Ehe, also nach 1816  zur Welt gekommen sein. Bleiben Isaak (*1833) und Paul (*1836), die möglicherweise Brüder waren. Da Gerhard a.a.O. von nur zwei Kindern der Ehe Henriette-Jacob spricht, müsste neben Jacob noch ein weiterer Bruder aus der 1779 geschlossenen Ehe von Adolph Phillip und Sarah hervorgegangen sein [siehe auch die Elemente für einen Stammbaum].
(18) Cohn Kaempfer ist laut Posener Urkunden im Jahre 1821 (ohne Angabe des Tages und Monats) in Wreschen geboren und am 23.2.1901 in Posen gestorben. In den Posener Adressbüchern erscheint er als "Schneidermeister".
(19) Den Posener Urkunden zufolge war auch Emilies Religionszugehörigkeit "mosaisch". Ob sie bei der Heirat mit Cohn zum Judentum übergetreten ist, bleibe dahingestellt, obwohl ich dazu neige, dies zu bezweifeln.
(20) Hier merke ich das Wort "alle" an, denn Davids Bruder Louis (*1851) ist 1896 mit seiner Familie nach Berlin gezogen und dort wohl kurz vor Ausbruch des Naziterrors gestorben. Gerhards inkorrekte Behauptung ist insofern interessant, als die Familien von Louis und David in den Jahren nach 1933 anscheinend nicht in Kontakt waren, die Cousins vielleicht sogar nicht einmal voneinander wussten [siehe dazu: Johanna und die Berliner]. Zur Auswanderung der Familienmitglieder in die USA, siehe: Die Amerikaner.
(21) Dazu die Enzyklopädie Wikipedia: „Der Nachweis der „arischen“ Abstammung erfolgte durch die Vorlage von sieben Geburts- oder Taufurkunden (des Probanden, der Eltern und der vier Großeltern) sowie drei Heiratsurkunden (der Eltern und Großeltern). Diese mussten von Pastoren, Standesbeamten oder Archivaren offiziell beglaubigt worden sein. Ersatzweise konnten ein beglaubigter Ahnenpass oder eine beglaubigte Ahnentafel vorgelegt werden.[…] Das „Reichserbhofgesetz“ und die NSDAP verlangten den Nachweis der „rein arischen“ Abstammung – auch für den Ehepartner – bis 1800, für Bewerber für die SS (ab dem Rang Führer oder Führeranwärter) sogar bis 1750 zurück („großer Ariernachweis“). […] Bei jeder aufgeführten Person mussten Name, Beruf, Religion, Geburts- und Sterbedatum eingetragen werden.“ – Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Ariernachweis
(22)
Ich lese [hier]: "Nach einer 1700/01 durchgeführten Volkszählung lebten in der Stadt 1385 Menschen, davon 524 Kinder, 356 erwachsene Männer, 307 verheiratete Frauen, 102 unverheiratete Frauen, 77 weibliche und 19 männliche junge Bedienstete; 126 der erwachsenen Männer hatten Bürgerstatus. - Wie viele andere europäische und, nicht weniger, norwegische Städte dieser Zeit, erlitt Stavanger schwere, durch Seuchen, Brände und wirtschaftliche Schwankungen verursachte Krisen. 1618 sowie 1629 wütete die Pest in der Stadt. 1633 brannten zwei Drittel einschließlich der mittelalterlichen Altstadt nieder. 1684 brach ein dermaßen verheerende Zerstörungen anrichtendes Feuer aus, dass beschlossen wurde, die Stadt komplett aufzugeben. So verlegten 1671 wichtige Stadtrepräsentanten (stiftsamtsmannen und lagdomstolen) ihren Sitz nach Kristiansand, 1682 folgte der Bischofssitz. Im Jahre 1686 ging sie auch des Marktrechtes verlustig, erlangte es jedoch 1690 nach der Neuerrichtung durch die Bevölkerung wieder. 1695 starben rund 15 Prozent der Bevölkerung an Flecktyphus. Weiterhin suchte eine Reihe von Bränden die Stadt heim, deren folgenreichsten sich in den Jahren 1716, 1766, 1768, 1833 und 1860 ereigneten; Grund dafür, dass das älteste Haus der Stadt erst aus dem 18. Jahrhundert stammt."
(23) Des Neuen Gelehrten Europa nennt z.B. neben Engelbert (1651-1716), dessen Vater Johann (1610-1682) und Peter Christian (*1702) noch zwei weitere Kaempfers: Joh. Georg und Joh. Nicol.


(24) Hier ein durch Zufall gefundenes Inserat von 1848:

(25) Siehe die entsprechenden Seiten in den Berliner Adressbüchern als Pdf-Dateien: BAB 1899, BAB 1919, BAB 1924, BAB 1931, BAB 1934, BAB_1939

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