Die auf diesen Seiten präsentierte Recherche über die Familie Kaempfer betrifft nicht nur die Menschen, sondern auch die Orte und Zeiten, in denen sie gelebt haben: Als „historische Hauptstadt Großpolens“ (1) war das tausendjährige Poznań ab der 1. Polnischen Teilung (1772) einem stetigen Wandel ausgesetzt, da es bei Ende der Napoleonischen Kriege (1815) zur Metropole der preußischen, dann deutschen Provinz Posen avancierte, nach dem „Großen Krieg“ und den Freiheitskämpfen wieder an Polen ging, während des 2. Weltkrieges von Nazideutschland besetzt wurde und seit 1945 Teil der Polnischen Republik ist. Zur preußisch-deutschen Zeit existierten dort mit- oder nebeneinander drei Bevölkerungsgruppen: die katholische Mehrheit der polnischen Einwohner, eine zunehmende Anzahl an deutschen Protestanten und die schon seit dem 13. und 14. Jahrhundert ansässige Minderheit jüdischen Glaubens.
Nach der überlieferten, jedoch nicht durch Urkunden belegten Familiengeschichte (2) kam der „Fuhrknecht“ Adolf Phillip Kaempfer (1744-1817), Sohn des im Raum Stralsund ansässigen „Bauern und Gutsverwalters" Johann Kaempfer (1689-1756) (3), von „Schwedisch Pommern“ nach Posen, konvertierte im Jahr 1779 zur jüdischen Religion durch seine Heirat mit Sarah Wendel (1756-1801) und befasste sich fortan mit „Tuch- und Spezereiwaren“ [siehe dazu:
Mutmaßungen über die Ursprünge]. Zahl und Namen der Nachkommen dieser Ehe bleiben zu ermitteln: Beim jetzigen Stand der Untersuchung gehe ich allerdings davon aus, dass alle Kaempfers, die vom späten 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert in der jüdischen Gemeinschaft der Provinz Posen gelebt haben, in verwandtschaftlicher Beziehung zueinander stehen. Bislang kenne ich vier Zweige:
- Cohn Kaempfer (1821-1901), Sohn von Henriette geb. Loewe (1787-1841) und Jacob Kaempfer (1786-184?) ist ein Enkel von Sarah und Adolf Phillip.
- Eine weitere Linie führt über Isaak (*1833) und Helmine geb. Lewinsohn (1842-1889) (4) zu Georg Kaempfer (1883-1942), der mit seiner Frau Herta geb. Bergheim (*1893 in Schwerenz) und den beiden Töchtern Evelyne (*1922) und Marion (*1925) in Sobibor umgebracht wurde. Dieses durch Zufall entdeckte Ereignis aus einer vergangen geglaubten Zeit gab den Ausschlag für die vorliegende Recherche. In der Folge erfuhr ich, dass auch Georgs - mit Sigismund Deutsch verheiratete - Schwester Hedwig (1871-1942) sowie ihr Sohn Hellmuth (*18.12.1894 in Breslau) nach Theresienstadt deportiert und ermordet wurden.
- Ein dritter Zweig führt zu Paul Kaempfer (1836-1919), dessen verwandschaftliche Beziehung zu Cohn und Isaak zu ermitteln wäre [siehe dazu die Posener Adressbücher]. Wie ich erst vor kurzem erfahren habe, wurde Sohn Gustav (1864-1943) mit seiner Gattin Paula geb. Mottek (*1873) von Oppeln nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet. Auch Käthe geb. Ledermann (1881-1943), die mit Pauls anderem Sohn Felix (1869-1920) verheiratet war, wurde in Auschwitz umgebracht.
- Aus der Ehe von Sarah und Louis Kaempfer gehen zwei in Wreschen geborene Söhne hervor, die sich früh in Amerika etabliert haben: Jacob (*1845) kam anscheinend schon 1861 in New York an und Max (*1848) folgte im Juni 1871 (über Australien) (5).